Der augenblickliche Trend zum Schamanismus, ob aus indianischer, asiatischer oder der Eskimo-Tradition, erinnert bisweilen an eine Art modernen Kulturkolonialismus. Wenn Frauen dabei männlichen Vertretern folgen, die sie auf eine Art spirituelle Geisterbahnfahrt mitnehmen, stellen sie danach oftmals fest, dass ihnen das nicht gut tut. Deshalb suchten wir nach schamanischen Wurzeln, die eine weibliche Verbundenheit mit Mutter Erde zum Ausdruck bringen. In diesem Zusammenhang gefiel uns die Erdweisheit von Ingrid Schlögel aus Oberammergau. Sie veranstaltet Medizinkreisseminare und schildert in ihrem folgenden Beitrag, wie im Alltag gelebter Schamanismus unser Leben bereichern kann.
Schamanismus - ein Herzensweg
Wenn wir Schamanismus hören, denken wir oft an geheimnisvolle Rituale, spezielle Fähigkeiten, die nur der große Schamane kann, weil man viele Jahre dafür trainieren muss, an den Zugang zu unsichtbaren Welten, an Energiearbeit mit Kristallen und vieles mehr. Das alles ist ein Stück weit auch wahr so, und da gibt es auch noch einen anderen Aspekt. Ich habe lange Jahre indianischen Schamanismus studiert und war fasziniert davon, wie tief und umfangreich diese Weisheit ist, die aus vielen Jahrhunderten enger Verbindung zur Natur entstanden ist. Sie schenkt uns Einsicht in Zusammenhänge, die die westliche Wissenschaft bisher nicht bieten kann. Es ist auch ein Wissen, mit dem wir in unser größtmögliches Potenzial wachsen können. Es ist ein Wissen über Energien in allen Welten, den sichtbaren und den unsichtbaren, und darüber, wie wir sie uns zunutze machen können. In der schamanischen Sichtweise hat alles, was ist, seinen Platz im Kreis des Lebens. Und das hat enorme Auswirkungen auf unseren Alltag, weil wir alles, was uns begegnet, mehr aus dem Herzen als aus dem Verstand heraus wahrnehmen. Wir realisieren, wie wir ständig mit jeder Handlung Wirklichkeit schaffen, aber wir sehen auch die Verantwortung, die damit einhergeht. Wenn wir diese Erkenntnis zulassen, hören wir auf, in patriarchal geprägten, hierarchisch gefärbten Kategorien wie oben-unten, besser-schlechter oder wichtiger-bedeutungsloser zu denken.
Erdkräfte
Von Ingrid Schlögel ist das Buch „Natürliche Pädagogik. Mit Kindern von heute in Liebe wachsen“ erschienen (Param Verlag, ISBN 9783887554057).
Scout Cloud Lee: Der Heilige Kreis. Ein Medizinbuch für Frauen
320 Seiten, 80 s/w Abbildungen, 5. Auflage 2018, Hardcover, Arun Verlag, ISBN 9783866630741
Dieses reich illustrierte Buch ist das Ergebnis einer Zusammenkunft von verschiedenen Schamaninnen: Alinta, australische Aborigine; Princess Moon Feathers, Cherokee-Indianerin; Mahisha, Stammesälteste von Hawaii; Spider Red-Gold, deren Wurzeln in der keltischen Tradition zu finden sind; Großmutter Kitty, Stammesälteste der Seneca und Kactus, die sich auf Altäre und Trommeln versteht. Scout Cloud Lee gewährt Einblicke in uralte schamanische Weisheit und zeitgenössische Frauenspiritualität.
Nana Nauwald: Mein Wort ist mächtig. Die Kraft der Worte in heilsamen Ritualen
176 Seiten, gebunden, AT Verlag, ISBN 9783038008354
Mit Zauberworten arbeiten indigene Schamaninnen und heilerisch wirkende Menschen in den unterschiedlichen Kulturen. Wie wichtig es ist, sich der Wirkung von Worten bewusst zu werden, zeigt auch die dunkle Seite der Wortmagie: Schadenszauber, Schadensworte in der Medizin, verbale Prügel in der Erziehung und Mobbing. Aus ihrer langjährigen schamanischen Erfahrung erklärt die Autorin, wie wir stärkende und schützende Rituale in unserem Leben verwenden können.
Claudia von Werlhof: Der unerkannte Kern der Krise. Die Moderne als Er-Schöpfung der Welt
48 Seiten, Hardcover, mit Hör-CD, 2012, Arun Verlag, ISBN 9783866630857
Die Zerstörung von Mutter Erde wird in der patriarchalen Kultur als Voraussetzung für eine „bessere Welt“ in Kauf genommen. Das Patriarchat ist jedoch ein gewollter, organisierter und globaler Glaubenskrieg gegen das Leben und dessen Religion.
ISch/UF/Fotos: mit freundlicher Genehmigung von Ingrid Schlögel; Arun-Verlag Stefan Ulbrich e. K., AT Verlag AZ Fachverlage AG