Die Liebe zur Erde und das Bewusstsein für unsere Verbundenheit mit der Schöpfung bereiten die Bahn, den "vergessenen" Planeten Erde als Symbol für die urweibliche Kraft im Horoskop zu entdecken.
Die Rückbesinnung auf die Erde als einem astrologischen Planeten ist ein wichtiger Beitrag zur Ganzwerdung und zu einem respektvollen Umgang mit Mutter Erde. Wenn wir in der Astrologie ferne Planeten wie beispielsweise Saturn, Jupiter oder gar Pluto durch das Phänomen der Synchronizität als tatsächlich vorhandenes Potential von bestimmten Energien und Fähigkeiten in uns wahrnehmen, liegt es nahe, auch die Erde in unserem Horoskop abzubilden. Bereits Alice Bailey ordnete die Erde dem Tierkreiszeichen Schütze als esoterischen Herrscher zu. Sie sagte die Erweiterung der Astrologie durch den astrologischen Planeten Erde voraus, wenn Pluto den Planeten Steinbock erreicht, was inzwischen geschehen ist. Die Einbringung der Erde ins Horoskop führt nun buchstäblich zu einer Bewusstseinserweiterung und beseitigt so manche Unklarheit in der astrologischen Symbolik, vor allem der umstrittenen Bedeutung von Mond und Saturn als Muttersymbole, sowie des Tierkreiszeichens Jungfrau mit der bislang unbefriedigenden Zuordnung des Merkur als dessen Herrscher. Darüber hinaus erscheint das Symbol der Sonne in einem völlig neuen Zusammenhang - in einem völlig neuen Licht. Auch die Mondknoten gewinnen eine neue Perspektive hinzu. Das bisher verwendete astrologische Modell behält seine Gültigkeit. Die Erde fügt sich mühelos in das astrologische System ein.
Abspaltung der weiblichen Erdkraft
Ohne seinen Heimatplaneten Erde ist der Mensch nicht denkbar, selbst wenn es heute im Rahmen der Raumfahrt möglich erscheint, uns in Zukunft auf anderen Planeten wie dem Mars anzusiedeln. Dennoch müssen wir als Menschen auch auf einem anderen Planeten erdähnliche Bedingungen herstellen, um dort existieren zu können. Erde und Mensch sind untrennbar miteinander verbunden.
Doch die Erde und ihre Natur wurde von patrialisierten Menschen in der Vergangenheit mehr gequält, misshandelt und missbraucht, als liebevoll behandelt. Umweltgifte, Kriege, Reaktorunfälle, die Ausrottung von Tieren und Pflanzen, die Brandrodung des Urwalds, Geo-Engineering gehören zu den äußeren Zerstörungen. Hinzu kommen die inneren: das Gefühlschaos des modernen Menschen, das durch Stress und Hetzerei durchs Leben, die Dreifachbelastung der Frauen, die zunehmende Vereinsamung, Beziehungslosigkeit und Gewalttätigkeit der kapitalistischen Konsumgesellschaft verursacht wird. Die Abspaltung von der materiellen Erde entspricht der fehlenden Erdkraft im Horoskop.
Viele Menschen klammern sich deshalb an Illusionen, die ihnen geschäftstüchtige Seelentröster gerne verkaufen, denn ihre Sehnsucht nach ein Bisschen Frieden, Herzenswärme, Vertrauen, Hoffnung und Liebe ist groß. In matriarchalen Kulturen hingegen wurde und wird die Erde mit kunstvollen Schöpfungen geschmückt und mit Liebe und Demut verehrt wie kein anderer Planet in unserem Sonnensystem.
Die Erde ist die Große Mutter und auch in der Astrologie verkörpert sie das Urweibliche. Nicht etwa der Mond oder der Saturn, die bisher als Muttersymbole galten. Diese Deutung funktionierte nur in einem kulturellen Umfeld, in dem das mütterliche Prinzip als passiv, empfänglich und gebend im Sinne von auf die Bedürfnisse anderer reagierend (Mond) oder formgebend und strukturverleihend im Sinne der Erziehung (Saturn) dargestellt wurde. Innerhalb dieser Sichtweise blieben sowohl Mond und Saturn, aber auch die Sonne in unpassenden Rollen gefangen. Wenn man genau darüber nachdenkt, erstaunt es doch sehr, dass der Mond sowohl Kind- als auch Mutterqualitäten in sich vereinen sollte. Aber in der unmündigen, reduzierten Rolle, in die das Patriarchat beide zwingt, war die Mutter in bester, patriarchaler Tradition des dem Mond zugeordneten Tierkreiszeichens Krebs die sich aufopfernde Frau ohne eigene Bedürfnisse, Forderungen und natürlich ohne aktive Sinnlichkeit. Der Mond ist der intuitiv kreative Wesensanteil im rhythmischen Wandel des Lebens, nicht etwa das nährende, erdgetragene Mütterliche in uns. Der mondhafte Seelenraum in uns braucht vielmehr liebevolles Umsorgtsein, Nähe, Wärme und Erdbezogenheit als Herzensnahrung. Die kommt von der Erde. Sie ist die Mutter, der Mond ihr Kind - wie der Mond, den wir nachts am Himmel sehen, der Trabant unseres Heimatplaneten ist, der in einer wechselseitigen zyklischen Beziehung zu ihr steht.
Was dem Menschen tatsächlich fehlt, ist diese mütterliche Erdkraft, die Leben schenkt, nährt, erhält, schützt und Lebensweisheit lehrt und weitergibt. An diesem Mangel ist er erkrankt. Wenn wir die Erde und unsere Verbundenheit mit ihr heilen wollen, kann uns das Erspüren der Erde in uns unterstützen. Auch die kranke Natur ist ein Wink mit dem Zaunpfahl, um auch unsere eigenen Erdenergien wieder zu beleben. Heilsein bedeutet Ganz-Sein, und Heilung ist der Weg dorthin. Ganz-Sein umfasst die Integration aller Wesensanteile und der damit verbundenen Gefühle und Kräfte. Wenn wir die Erde in unsere Gesamtpersönlichkeit aufnehmen wie die anderen in der Astrologie verwendeten Planeten, steht wieder eine gütige, großzügige, weise Mutter an unserer Seite.
Textabdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin; © Ursula Fassbender; Fotos: Dorothee Elfring; Cover: Ursula Fassbender