Mütterlichkeit als Wert

Mariam Irene Tazi-Preve: Das Versagen der Kleinfamilie. Kapitalismus, Liebe und der Staat 

 

225 Seiten, kartoniert, 2. durchgesehene Auflage 2018, Verlag Barbara Budrich, ISBN 9783847421962

 

Die Autorin geht vom Leiden an den kleinfamilialen Verhältnissen aus und fragt: Kann das Liebespaar wirklich die Basis einer ganzen Gesellschaftsordnung sein? Sie legt die historischen und ideologischen Ursachen des Dilemmas der Kleinfamilie dar, statt einem „individuellen Verschulden“ nachzugehen. Dabei greift sie alle relevanten Themen pointiert und fachkundig auf: das Drama der Mutterschaft, die neue Vaterschaftsdebatte und die Vereinbarkeitsfrage. Sie analysiert die Politik und deren Interesse an der „kleinsten Zelle des Staates“ und zeigt auf, wie das Wirtschaftssystem die Kleinfamilie für sich nutzt und sie an die Grenzen der Belastbarkeit bringt. Als Schlussfolgerung aus den (Miss-)Verhältnissen des herrschenden Familienideals zeigt die Autorin Alternativen auf, die andere Gesellschaften uns bereits vorleben. 

 

Christa Mulack: Der Mutterschaftsbetrug - vom UnWert zum Mehrwert des Mutterseins

264 Seiten, 2. Auflage 2006, kartoniert, erhältlich unter drcmulack@aol.com 

Mutter, Mütterlichkeit, mütterliches Tun im Mittelpunkt gesellschaftlicher Überlegungen und Wertesetzungen! Genau das, was überall ausgeblendet und abgewertet wird - in letzter Konsequenz sogar ausgelöscht und als etwas Künstlich-Synthetisches angestrebt. Eine lang andauernde Gehirnwäsche und Angstmacherei hat funktioniert; denn kaum einer - und leider auch kaum eine - traut sich an diese Thematik wirklich heran, weder in alltäglichen noch in politischen Zusammenhängen und erst recht nicht in philosophisch-soziologisch geistiger Durchdringung! - Christa Mulack schon! Sie tut es klug, mutig, zukunftsweisend. Mit der gezielt eingesetzten, hinterhältigen Glorifizierung von Mutter und Mutterschaft in patriarchalen Welten, insbesondere in der Nationalsozialistischen Zeit, hält sich die Autorin nicht lange auf. Sie erklärt kurz und einleuchtend, dass der sogenannte Mutterkult, der damals betrieben wurde, nichts mit einem echten Kult gemein hat. Ein richtig verstandener und in das soziale Leben integrierter Kult hat etwas mit Spiritualität, Respekt und Achtung vor dem mütterlichen Prinzip zu tun. Ein solcher Kult würde eine eindeutige Wertesetzung für die Allgemeinheit bedeuten und eine öffentliche Wertschätzung mütterlichen Tuns. Dies würde sich dann auch in mütterfreundlichen Sozialstrukturen niederschlagen.

 
Die Autorin analysiert, was es gegenwärtig heißt, in Deutschland Mutter zu sein: An Unterstützung mangelt es auf den verschiedensten Ebenen. Und so ist für viele Armut vorprogrammiert. Die festgestellte ständig wachsende Kinderarmut ist eine Mütterarmut! Ein Vaterrecht tut sich neu auf, getarnt als „Umgangsrecht“ und „Kindeswohl“. Dieses Recht gibt sogar (sexuell) gewalttätigen Männern die Möglichkeit, Müttern die Kinder wegzunehmen - auch mit Hilfe von Polizeigewalt - und lässt es zu, dass Väter obendrein noch die Mütter terrorisieren und jahrelang gerichtlich verfolgen. Christa Mulack geht auch auf einige Fälle ein, in denen Mütter zu Kindsmörderinnen wurden. Sie passen in den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang und ihre Vergehen haben mit ihrer Lage und ihren eigenen Erfahrungen als vernachlässigte Töchter zu tun. Sie sind die Opfer und bewegen sich in einem Teufelskreis, den die Autorin genau analysiert. Auch die Verlautbarungen eines Frank Schirrmacher werden entlarvt. Dieser Medienmann lobt übermäßig Frauen und Mütter, um ganz offensichtlich auf dieses Weise das marode System zu retten und doch alles beim Alten lassen zu können - wohlgemerkt auf dem Rücken der Frauen. Männer nimmt er nicht in die Verantwortung. Das tut dann wieder meisterinnenhaft und weise die Autorin. Sie klärt Männer auf,zeigt ihnen, wo ihr Stellenwert und ihre Aufgabe ist, nämlich in der Unterstützung des Mutter-Kind Paares (und nicht als Kontrolleure, die sich egoistisch dazwischen drängen). Wenn ein Mann sich in diesem Sinne und unter diesen Vorzeichen gesellschaftlich einbringt und in seinem Beruf wirkt, dienen auch ihm ‚mütterliche Werte’ als Anhaltspunkte seines Handelns. Die Frau wählt den Mann, und s i e führt i h n.
 
Christa Mulack zitiert auch Männer, die sich mit der alles durchdringenden Bedeutung von Mutterschaft befasst haben, so z. B. Klaus Theweleit, der schreibt: "Das ’Ins-Leben-Pressen’ eines neuen Menschen bleibt seiner (des Mannes) Erfahrung unzugänglich, er erlebt nicht die physische und psychische Metamorphose, die der Frauenkörper bei der Geburt durchläuft." Oder Alfred Tomatis, der erforschte, dass der Stimme der Mutter bereits im Mutterleib allerhöchste Bedeutung zukommt, während eine männliche Stimme nicht einmal wahrgenommen werden kann. Von der Wissenschaft wird dies jedoch beharrlich ausgeblendet, ja, sogar geleugnet. Dazu Tomatis: "Hinter dieser Argumentation verbirgt sich eine richtiggehende Zwangsvorstellung, die darauf abzielt, die Frauen ihrer Mutterschaft zu berauben, ihnen Stück für Stück jenes fabelhafte Vermögen wegzunehmen, dem der Mann nichts entgegenzusetzen hat." Es ist äußerst erschütternd, auf so geballte Weise erfahren zu müssen, auf wie vielen Gebieten und mit welchen Methoden an der ’Abschaffung der Mutter’ gearbeitet wird. Und das, wo doch Geburt, Stillen und Mütterlichkeit das spirituelle Erleben sein könnten - und es für viele Frauen auch ist - und es zur Grundlage jedweder Spiritualität und Göttlichkeit geworden sind. (Kein Gott konnte sich bislang etablieren, der nicht von sich behauptete, Leben hervorzubringen und es nähren zu können.) Begreifen wir nicht zunehmend, dass der Körper der Frau ein heiliger Tempel ist, in dem neues Leben entsteht und geschützt wird? Und lernen wir nicht ebenso, dass Dankbarkeit gegenüber der Mutter die Grundlage für jedwede Dankbarkeit und Liebe zum Leben ist? Leben wir nicht immer stärker in der Gewissheit, dass Respekt vor diesem Mysterium gleichzeitig Respekt vor Mutter Erde bedeutet, dessen Verlust in der Zerstörung enden und unser aller Untergang bedeuten könnte? Allein das macht deutlich: Unser Überleben ist abhängig von der Wertschätzung und Ehrung mütterlichen Verhaltens, das es mit allen Kräften zu unterstützen gilt.
 
Auch davon schreibt Christa Mulack und kommt in der zweiten Hälfte ihres Buches zum ’Mehrwert’, von dem der Untertitel spricht. Sie führt ihn uns vor Augen am Beispiel der matriarchalen Ordnung, die inzwischen gut erforscht und vielen bekannt ist. In einem Kulturvergleich zeichnen sich die wahren Probleme von Müttern und Mutterschaft recht klar ab. So nennt und beschreibt die Autorin eine Reihe von Grundsätzen matriarchaler Gesellschaften, bei denen es ganz besonders offensichtlich wird, was in unserer patriarchalen Gesellschaft so sehr im Argen liegt. Einige davon möchte ich hier nennen: "Über den Körper einer Frau kann nur sie selbst verfügen." - "Frauen und Kinder bilden den Mittelpunkt einer Sippe" - "Schwangerschaft und Geburt begründen weder eine feste Bindung an den Mann noch dessen Vaterschaft." - "Schwester und Bruder bilden das grundlegende Modell für die Frau-Mann-Beziehungen." Abhängigkeits- und Gewaltverhältnisse darf es nie geben." Und schließlich: "Die Liebe ist Sache der Frau, die Kinder sind Sache der Gemeinschaft. - Ein Kind aber kann nur e i n e r  Sippe angehören."
 
Allein anhand dieser Auswahl wird klar, dass wir im patriarchalen Westen das genaue Gegenteil leben. Da stellen sich mir die Fragen: Warum lassen wir uns das gefallen? Wo ist unsere Würde geblieben? Warum empfinden wir den Umgang mit unserem Geschlecht kaum noch mehr als das was er wirklich darstellt: Enteignung, Einschränkung, Leere, Versklavung - und das seelisch, körperlich und materiell. Christa Mulack war es eilig mit der Herausgabe dieses Buches. Deshalb erschien es im Eigenverlag. Wenn es ihr, der großen Denkerin, so eilig ist, sollte es uns das auch sein. Ich empfehle, sich das Buch rasch anzuschaffen und es baldmöglichst in allen erdenklichen Kreisen und Zusammenkünften zu diskutieren und dann auch entsprechend (mütterlich stark) zu handeln. Anregungen dafür gibt es in dem Buch mehr als genug. 

Uschi Madeisky, erschienen in Matriaval Nr. 1, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung von Uschi Madeisky, www.matriaval.de

Christa Mulack: Maria - die geheime Göttin im Christentum

 

209 Seiten, viele teils farbige Abbildungen, Verlag Pomaska-Brand, broschiert, ISBN 978-3935937467

 

Dr. Christa Mulack ist Theologin, Autorin und Pädagogin und beschäftigt sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit dem christlichen Glauben aus weiblicher Sicht. In diesem Buch widmet sie sich der Gestalt der Maria. Kritisch hinterfragt die Autorin die von der Kirche gemachten Aussagen über Maria. Kritisch bedeutet hier für sie, dass sie als Frau anders mit den biblischen Texten umgeht, als es männliche Theologen gemeinhin tun. Ihr Anliegen ist dabei, das christliche Glaubensverständnis zu erweitern und ihren LeserInnen ein anderes weibliches Selbstverständnis innerhalb der christlichen Religion zu ermöglichen. Und dabei gibt es tatsächlich einiges zu entdecken. Entlang der sogenannten Mariendogmen (Jungfräulichen Geburt, Gottesmutterschaft, unbefleckte Empfängnis, Aufnahme Marias in den Himmel) betrachtet Mulack die Gestalt der Maria aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln. Ausgehend von der kritischen Auseinandersetzung mit den Aussagen der Bibel beleuchtet sie für jedes Dogma dessen geschichtlichen Werdegang. Daran schließt sich jeweils eine religionsgeschichtliche Betrachtung an. Hierbei zeigt Mulack, dass die Marienverehrung ihren Ursprung eigentlich bei den sogenannten „heidnischen“ Mutterreligionen hat. Im anschließenden Abschnitt veranschaulicht die Autorin die Rolle der Dogmen im Volksglauben. Es folgt eine kurze Beleuchtung der psychologischen Hintergründe der Dogmen. Im letzten Schritt schließlich geht Mulack darauf ein, welche Bedeutung die vielen Aspekte der Maria für Frauen konkret haben und haben können. KS 

 

Fotos: mit freundlicher Genehmigung von Verlag Barbara Budrich GmbH; Christa Mulack; Verlag Pomaska-Brand